Nina Meinke steht vor einem historischen WM-Kampf am Samstag in Hamburg. Zuvor sprach sie mit Boxen1 über ihre Gegnerin, die neue Distanz und Ulli Wegner.
Die Spannung steigt: Am Samstag findet die große P2M-Kampfnacht in der Sporthalle Hamburg statt. 14 Profikämpfe werden präsentiert, darunter einige echte Kracher. Im Mittelpunkt steht jedoch die Berlinerin Nina Meinke (18-3), die sich am Samstag ihren WM-Traum erfüllen möchte. Ihre argentinische Gegnerin Daniela Romina Bermudez (32-4-3) ist nicht nur äußerst erfahren, sondern auch enorm renommiert. Bermudez wird ihren unglaublichen 18. WM-Kampf bestreiten, von denen sie lediglich 3 verloren hat.
Es wartet also eine große Aufgabe auf Meinke, die diese jedoch als riesige Chance begreift. Ein Sieg über die renommierte Bermudez wäre sicherlich ein weiteres großes Karrierehighlight und würde sie endgültig in das Elitesegment des Frauenboxens katapultieren. Die Besonderheit bei diesem Kampf ist zudem, dass erstmalig in Europa ein Frauenkampf über die Distanz von 12×3 Minuten ausgetragen wird. Diese verlängerte Distanz, die den WM-Kämpfen der Männer entspricht, wurde erst vor weniger als einem Jahr eingeführt und steckt noch in den Kinderschuhen. Umso spannender wird es sein, zu beobachten, wie sich beide Weltklasseathletinnen auf diese veränderte Distanz einstellen und sie erfolgreich adaptieren. Zuvor hatte Boxen1 die Gelegenheit, mit der sympathischen Nina Meinke über ihren bisher größten Kampf, ihre Gegnerin, die veränderte Distanz und vieles mehr zu sprechen.
Das Boxen1-Interview mit Nina Meinke
Boxen1: Hallo, Nina. Am Samstag steht dein großer Weltmeisterschaftskampf an. Wie fühlst du dich?
Nina Meinke: Ich fühle mich sehr gut, bin sehr fit und freue mich, dass es am Samstag endlich in den Ring geht.
Beschreibe doch bitte deine Vorbereitung. Wie zufrieden bist du mit ihr?
Ich bin sehr zufrieden mit der Vorbereitung. Wir sind letzte Woche aus England wiedergekommen, da haben wir unser Sparringlager gehabt, und das war nochmal ein guter Abschluss. Die Vorbereitung ist wirklich sehr gut gelaufen. Ich wusste schon etwas, körperlich und mental, auf was ich mich da einlasse. Anfang des Jahres habe ich mich auf die 12×3 Minuten vorbereitet und das war deutlich härter, weil es das erste Mal gewesen ist. Jetzt hat der Körper sich schon ein bisschen darauf eingestellt, und trotzdem kann ich nicht sagen, dass es einfach war. *lacht
Du wirst gegen die argentinische Ex-Weltmeisterin Daniela Romina Bermudez kämpfen. Wie schätzt du sie ein?
Ich schätze sie als eine sehr starke Gegnerin ein. Sie ist nicht umsonst auf Platz 2 der Welt gerankt. Ich denke mal, sie hat sehr viel Temperament, dafür sind die Südamerikanerinnen bekannt. Sie wird ein starkes Kämpferherz haben, und ich denke, dass sie alles geben wird und es mir nicht leicht macht am Samstag. Deswegen wird es ein aufregender und spannender Kampf.
Sie wird am Samstag ihren 18. Weltmeisterschaftskampf bestreiten. Eine beeindruckende Statistik.
Ich habe mir sie sehr genau angeschaut und es ist Wahnsinn, so viele Titelkämpfe schon gemacht zu haben – aber auch für sie ist es das erste Mal, dass sie über die 12×3 Minuten geht.
Deshalb soll ich nicht übersteuern, das hat mir mein Trainer geraten – und auch von Ulli Wegner
Was wird am Samstag entscheidend sein, damit du neue IBF-Weltmeisterin wirst?
Dass ich nichts überstürze, dass die Kampfaufteilung richtig eingehalten wird. 12×3 Minuten können schon mal sehr lang sein und ich denke mal, interessant wird es in der zweiten Kampfhälfte. Deshalb soll ich nicht übersteuern, das hat mir mein Trainer geraten – und auch von Ulli Wegner. Die haben das nochmal deutlich ausgedrückt, der Kampf beginnt erst in Runde 5-6, und bis dahin soll ich nicht overpacen.
Apropos Ulli Wegner, er wird ja beim Fritz Sdunek Memorial anwesend sein. Wie schade findest du es, dass er nicht in Hamburg sein wird?
Finde ich natürlich sehr schade, aber Sven Ottke wird in Hamburg am Ring sein. Das ist ja auch sein Titel, er war ja damals IBF-Weltmeister. Jetzt freue ich mich, hoffentlich in seine Fußstapfen treten zu können, und weiß aber auch, dass Ulli Wegner in Gedanken auch bei uns ist. Wir haben in Zinnowitz gesprochen, als wir zusammen im Trainingslager waren. Es ist natürlich schade, aber ich denke, er wird es trotzdem irgendwie verfolgen.
Schon einige Titel nennst du dein Eigen, aber wäre der IBF-Titel nochmal für dich ein besonderes Highlight in deiner Karriere, das du unbedingt erreichen möchtest?
Ja, auf jeden Fall. Das ist definitiv etwas ganz Besonderes für mich. Es ist einer der großen Weltverbände, das war schon immer mein Traum gewesen. Von daher tue ich alles dafür, dass es am Samstag klappt.
Vielleicht wird dadurch der Frauenboxsport noch attraktiver
Nochmal zur Distanz. Ihr beide kämpft über eine Distanz von 12×3 Minuten, was der Norm einer Weltmeisterschaft der Männer entspricht und ein Novum in Europa darstellt. Wie blickst du auf dieses Format?
Ich bin ganz positiv. Ich habe mich auch selbst dafür entschieden, diese Distanz zu gehen, weil wir müssen irgendwann mit der Gleichberechtigung im Frauenboxsport anfangen. Deswegen ist es, denke ich, eine gute Sache. Es wird interessant zu sehen sein, wie sich alles am Samstag im Ring umsetzt. Ich habe zwei Vorbereitungen dafür durchlaufen. In der dritten Minute passiert immer noch was. Man hat ja häufiger bei Frauenboxkämpfen gesehen, dass bei 2 Minuten eine angeschlagen war und sich in die Pause retten konnte. Mal schauen, wie es wird, es ist nochmal etwas anderes, über so eine lange Distanz zu gehen. Vielleicht wird dadurch der Frauenboxsport noch attraktiver.
Glaubst du, dass sich durch die verlängerte Distanz die KO-Quoten bei den Frauen auch langfristig erhöhen werden?
Das kann natürlich sein, aber ich muss auch sagen, dass Frauen wirklich hart im Nehmen sind. Vertrauen würde ich darauf nicht. *lacht Ich kann mir auch vorstellen, dass 12×3 Minuten so durchgehauen werden. Es ist aber alles möglich im Boxen.
Wird sich diese Distanz langfristig bei den Frauen durchsetzen?
Das werden wir sehen. Es ist schwierig, ich weiß, dass die Meinungen momentan noch sehr geteilt sind, und ich hoffe, dass andere Frauen da mitziehen werden. Am Ende ist es die Entscheidung jeder Frau selbst.
Du bist ja auch eine Vorreiterin in dieser Rolle. Fühlst du dich wohl, voranzugehen?
Ja, da fühle ich mich auf jeden Fall wohl. Ich finde es gut, weil wir zeigen können, dass wir zu dem Gleichen fähig sind wie die Männer. Ich vergleiche das immer mit dem MMA. Auch dort kämpfen die Frauen 5 Minuten, bei Titelkämpfen 5×5 Minuten. Die kriegen das genauso hin. Deshalb war die Begründung für mich nie so wirklich nachvollziehbar, warum wir nur 10×2 Minuten boxen sollen, anstatt 12×3. Aber das sage ich alles jetzt, am Samstag wird sich das zeigen. *lacht
Du hast deinen Trainer erwähnt, der dich vom Tempo etwas zügelt. Kannst du das überhaupt umsetzen, oder gibst du am Samstag wieder direkt Vollgas?
Ich denke, dass er mich vielleicht zügeln muss, ich werde es trotzdem versuchen. Es kommt immer darauf an, manchmal lasse ich mich auch etwas anstecken von den Gegnerinnen. Es ist aber das A und O, dass ich das nicht tue, sonst glaube ich, gibt es in der Ringecke ein paar Schläge von meinem Trainer. *lacht
Ich kann mir vorstellen, dass sie auf die ersten Runden setzen wird und vielleicht volle Kraft vorausgeht
Und wie schätzt du dabei Bermudez ein, wird sie sofort ein sehr hohes Tempo gehen? Sie kämpft ja auswärts.
Ja, das ist schwierig. Dazu habe ich mir natürlich auch schon Gedanken gemacht. Ich kann mir vorstellen, dass sie auf die ersten Runden setzen wird und vielleicht volle Kraft vorausgeht. Die ersten Runden für sich zu entscheiden und ein sehr hohes Tempo zu gehen, aber auch sie weiß natürlich, dass 12 Runden lang werden. Ich habe sie auch schon mal im Rückwärtsgang boxen sehen, es ist nicht so, dass sie nur nach vorne stürmt. Vielleicht denkt sie ähnlich und geht etwas taktischer an den Kampf ran.
Nun richtest du den Blick sicherlich nur nach vorn, aber wenn du mit etwas Abstand nochmal auf die Farce mit Amanda Serrano zurückblickst, welche Meinung hast du von ihr?
Das war schon ein ziemlich dubioses Ding, was am Anfang des Jahres passiert ist. Ich habe jetzt mit dem Kapitel abgeschlossen und nur noch die Zukunft im Blick. Natürlich habe ich echt daran genagt am Anfang des Jahres. Der Kampf jetzt hat mir geholfen, wirklich darüber hinwegzukommen. Ich hatte noch die Hoffnung, dass der Rückkampf stattfindet, da wurden wir immer wieder vertröstet und dann gesehen, dass sie gegen Katie Taylor boxt. Das ist natürlich ein Ding. Aus sportlicher Sicht war es nicht sehr fair gewesen, eine Stunde vor dem Kampf einen Kampf abzusagen. Aber gut, Schwamm drüber. Es ist passiert, alles passiert aus einem gewissen Grund. Zu der Zeit wusste ich noch nicht, welcher es sein sollte, und jetzt habe ich wieder die Chance, um die Weltmeisterschaft zu boxen, und darauf konzentriere ich mich jetzt nur.
Und wenn sie dich nach dem Kampf anrufen würde für eine Neuauflage, würdest du das noch annehmen?
Wenn sie noch boxen möchte, dann boxe ich auf jeden Fall gegen sie. Ich war ja damals dort gewesen und würde es auch wieder tun.
Du bist eine der weiblichen Aushängeschilder des deutschen Frauenboxsports. Wie betrachtest du die Entwicklung hierzulande?
Ich hoffe, vielleicht auch mit dieser Bewegung, dass es noch mehr wird. Wir brauchen trotzdem noch mehr Aufmerksamkeit, auch im deutschen Boxsport, aufs Boxen und vor allem aufs Frauenboxen. Ich hoffe, dass das Ganze sich noch weiterentwickeln wird. Dass noch mehr Promotion dafür gemacht wird. Es muss noch mehr in die Öffentlichkeit gelangen, damit die Leute davon erfahren und es mitbekommen, dann hoffe ich sehr, dass es noch mehr wird.
Am Samstag wird ebenfalls Dilar Kisikyol kämpfen und ihren Abschiedskampf geben. Was schätzt du am meisten an ihr?
Dilar mag ich wirklich sehr, sehr gern. Wir haben vorhin bei der Pressekonferenz gestanden und gesagt: „Ach, guck mal, es ist wie beim ersten Mal.“ Vor 2 Jahren haben wir angefangen für P2M zu boxen und da standen wir schon gemeinsam in Hamburg auf der Pressekonferenz. Ja, es ist natürlich sehr schade, dass sie ihren letzten Kampf macht, aber sie soll es einfach genießen und Spaß daran haben. Nicht so sehr an den Abschluss denken, sondern nochmal die letzten Runden im Kampf genießen. Dann kann man super auf etwas Schönes, auf eine gute Karriere zurückblicken. Das wünsche ich ihr.
Es lohnt sich auf jeden Fall einzuschalten, es werden gute und spannende Kämpfe sein. Ich hoffe, dass jeder einschaltet und beim historischen Kampf live dabei ist.
Nun haben wir viel über den Boxsport gesprochen. Was würdest du gerne in naher Zukunft privat für dich entdecken? Was wäre ein Traum, den du dir gerne erfüllen würdest, Nina?
Erstmal habe ich mir fast einen Traum erfüllt, und zwar endlich einen Fallschirmsprung gebucht. Eine Woche nach dem Kampf, das wollte ich schon immer mal machen. *lacht Und werde es jetzt am 3. Oktober auch machen. Da freue ich mich schon riesig drauf. Ansonsten haben wir jetzt das Gym in Berlin in der Uhlandstraße und das läuft gut. Da geht es auch neben dem Boxen voran, dass man neben dem Boxen einen Plan B für danach hat.
Abschließende Frage: Was möchtest du den Lesern von Boxen1 sagen? Worauf können sich alle Boxsportfreunde am Samstag gefasst machen?
Auf eine sehr spannende Nacht. Es lohnt sich auf jeden Fall einzuschalten, es werden gute und spannende Kämpfe sein. Ich hoffe, dass jeder einschaltet und beim historischen Kampf live dabei ist.
Tickets sind auf Eventim verfügbar – DAZN überträgt es
Insgesamt 14 Kämpfe wird P2M Box-Promotion am Samstag in der Sporthalle Hamburg präsentieren, bei denen für jeden Geschmack etwas dabei sein soll. Ob für die hungrigen Schwergewichtsliebhaber, Unterstützer des Frauenboxsports oder Fans aufstrebender lokaler Talente – das Event bietet ein vielfältiges Programm. Die Kämpfe beginnen um 16 Uhr, während die vier Hauptkämpfe ab 19 Uhr stattfinden sollen.
Wer das Event live vor Ort erleben möchte, kann noch Tickets ab 28,50 € auf Eventim erwerben. Zudem wird das Event live vom Streaminganbieter DAZN übertragen.
Watchparty zum Joshua vs. Dubois-Kampf
Erwähnenswert ist zudem, dass P2M Box-Promotion in Kooperation mit DAZN es ermöglicht hat, nach dem Event auch den Weltmeisterschaftskampf im Schwergewicht zwischen Anthony Joshua (28-3) und Daniel Dubois (21-2) zu übertragen. Somit kann man die Kämpfe in Hamburg live verfolgen, ohne das Highlight im Wembley-Stadion zu verpassen.