Interview mit Mustapha Amadu: „Boxerisch bin ich auf jeden Fall überlegen“

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Mustapha Amadu siegt überraschend beim ersten Kampf gegen Senad Gashi.

Am Freitag versucht Mustapha Amadu seinen Sieg gegen Senad Gashi zu bestätigen. Im Vorfeld gab er Boxen1 ein Interview.

Die Spannung steigt, die Vorfreude ist groß. Am Freitag wird in Rozvadov, Tschechien, eine Kampfsportveranstaltung stattfinden. Auf dem Programm stehen 7 sanktionierte Profiboxkämpfe, darunter das mit Spannung erwartete Rematch zwischen Senad Gashi (28-4) und Mustapha Amadu (4-0) im Schwergewicht. Beim ersten Aufeinandertreffen im Dezember konnte Amadu als klarer Underdog überraschen und trotz eines Niederschlags den Kampf gegen Gashi über die Punkte gewinnen. Doch die Paarung war inoffiziell und wurde nicht in der Kampfbilanz aufgeführt.

Nun erfolgt das große Rematch, das auch ein sanktionierter Profikampf sein wird. Kann Amadu seinen großen Sieg erneut bestätigen? Oder wird Senad Gashi sich steigern können und ihm gelingt im zweiten Aufeinandertreffen die Revanche? Boxen1 sprach im Vorfeld mit Mustapha Amadu. Wie sieht er den Kampf und was wird entscheidend sein für einen weiteren Sieg über Senad Gashi?

Das große Boxen1-Interview mit Mustapha Amadu

Mustapha Amadu.

Boxen1: Hallo, Amadu. Nur noch wenige Tage bis zum Kampf. Wie fühlst du dich?

Mustapha Amadu: Ich fühle mich super und freue mich übertrieben auf den Kampf. Etwas Aufregung ist auch da.

Du bist in Ghana geboren und aufgewachsen. Welche Erinnerungen hast du an deine Heimat?

Ich bin mit 12 Jahren nach Deutschland gekommen, das heißt, dass ich eher kindliche Erinnerungen an Ghana habe. Es ist viel familiärer dort. Die Menschen sind viel enger miteinander, ob mit der Familie oder den Nachbarn, als hier in Deutschland, wo die meisten Leute unter sich sind. Das ist für mich eine schöne Erinnerung. Was auch schön war, ist, dass es dort viele Tiere gab. Für Kinder ist es schön, wenn man viel mit Tieren zu tun hat. Das ist eben ganz anders als hier in Deutschland. Und ich denke gerne an das Essen, das man auf den Straßen kaufen kann. Daran denke ich auch sehr gerne. Ich bin ein Typ, der gerne sehr viel isst. *lacht*

In Deutschland hast du deine Liebe zum Boxen entdeckt. Wie kam es dazu?

Eine komische Geschichte. Damals in der Schule gab es eine AG. Da hatte man drei Möglichkeiten, welchen Sport man auswählen konnte. Es gab Schwimmen, Fußball und Boxen. Die AGs waren voll und es gab nur noch Platz beim Boxen, wo ich hingezogen wurde. Das wollte ich eigentlich auf gar keinen Fall machen, weil dort auch ältere Leute waren. Also, ich war da 12 und es gab dort auch 16-Jährige, das macht viel aus. Dann fing ich an zu weinen, weil ich dort nicht hinwollte, da ich Boxen mit Brutalität in Verbindung gebracht habe. Dann wurde ich quasi gezwungen und fand das sehr lustig und schön. Der Trainer und Lehrer meinte, dass ich Talent habe und hat gesagt: „Du bewegst dich sehr gut, hast du nicht Bock, mehr zu machen?“ Es hat mir so viel Spaß gemacht, die ganze Brutalität, die ich mir vorgestellt habe, war weg. Das war meine erste Verbindung mit dem Boxen. Mit 17 habe ich mich dann entschieden, es ernst zu nehmen und seitdem bin ich dabei.

Du warst auch Amateurboxer. Wie verlief deine Amateurkarriere?

Ich hatte eigentlich eine kurze Amateurkarriere, dafür habe ich aber sehr viele Kämpfe machen können. Mit 17 habe ich angefangen und in 3-4 Jahren ungefähr 50 Amateurkämpfe gemacht. Ich glaube, dass ich nach einem Monat meinen ersten Kampf bestritten habe. In der Jugend lief es sehr gut, weil ich körperlich sehr stark war. Bei den Männern war es zu Anfang etwas kritisch, weil ich es gewohnt war, immer alles mit der körperlichen Stärke zu regeln, und das hat auf einmal nicht mehr funktioniert. Mit der Zeit musste ich einen Weg finden, wie ich das mit Cleverness kompensieren kann. Seitdem denke ich boxerisch sehr viel nach. Wer mir beim Boxen zusieht, der merkt, dass meine Stärke die Ringintelligenz ist.

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Mental war ich an einem Tiefpunkt gewesen

2019 hast du deinen ersten Profikampf bestritten, es sollten seitdem lediglich 3 weitere erfolgen. Verletzungssorgen plagten dich. Was macht das mental mit einem Sportler?

Ich muss ehrlich sagen, das war mental mein Tiefpunkt. Es ist so: Du willst alles und gibst mehr als die anderen, verzichtest auf so vieles – und es kommt nichts dabei herum. Und das nicht, weil man nicht will, sondern weil der Körper es nicht will. Man will dennoch nicht aufgeben, weil man so viel Zeit investiert hat, die man nicht zurückbekommt. Meine Schwester hat damals gesagt, niemand schenkt dir was – und ich würde ungern nur meine Zeit herschenken, ohne etwas dafür zu kriegen. Deshalb habe ich weitergemacht, aber mental war ich an einem Tiefpunkt gewesen – und dementsprechend bin ich nun mental umso klarer, weil ich diese Probleme nicht mehr habe. Ich fühle mich sehr wohl und bin auch sehr dankbar darüber, dass es mir nun gut geht. Das hält man gerne für selbstverständlich, aber wenn die Gesundheit mal nicht gut ist, dann weiß man, wie sehr man es zu schätzen weiß, wieder gesund zu sein. Und die Dankbarkeit ist ein Schlüssel, der entscheidend ist, was viele Menschen vergessen haben. Ich bin dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte und es jetzt wieder nach vorne geht.

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Im Dezember konntest du als Ersatzgegner gegen Senad Gashi antreten. Wie entscheidend war dieser Kampf für deine Karriere?

Es war sehr entscheidend, vor allem, was die breite Masse angeht. Das ist etwas, was in Deutschland sehr schwer zu erreichen ist, weil die Leute hier mittlerweile nicht mehr viel Boxen schauen. Deshalb war es für meine Karriere sehr entscheidend, weil jetzt habe ich viele Zuschauer, jetzt wissen die Leute, wer ich bin. Das war ein großer Sprung gewesen. Andererseits hätte ich vielleicht 20 Kämpfe machen müssen, damit mich die Leute kennen. Das war ein großer Boost, damit kann man auch sehr gut arbeiten.

Du warst zuvor auch schon im social media präsent, aber durch den Sieg nehmen dich die Leute auch stärker als Profiboxer wahr, oder?

Genau. Das Social Media kam auch deshalb, weil ich zu der Zeit verletzt war und kaum Boxen konnte. Da dachte ich mir, okay, dann mache ich nebenbei Social Media, weil die Reichweite für einen Boxer heutzutage auch sehr wichtig ist. Es gibt keine Kämpfe im Fernsehen, man muss sich selbst vermarkten. Und ich sah dort eine gute Möglichkeit, um mich zu präsentieren.

Nun steht am Freitag das Rematch an als offizieller Profikampf. Verändert sich dadurch etwas bei dir?

Nein, es verändert sich nichts. Vorher war es eine kurzfristige Vorbereitung, jetzt ist es eine deutlich längere Vorbereitung. Alles bleibt gleich, Senad ist für mich wie jeder andere Gegner. Die Motivation ist vielleicht nur größer, weil ich sehr viel zu gewinnen habe. Aber für mich ist das wie gegen jeden anderen Gegner, ich nehme jeden ernst. Gerade mental stelle ich mir vor, dass er immer der stärkste Gegner im Ring ist, und für jeden bereite ich mich zu 100 % vor. Wer sich nicht vorbereitet, bereitet sich auf das Versagen vor.

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Ich glaube, dass ich boxerisch der stärkere Mann bin, deshalb mache ich mir auch keine Sorgen

Für das Rematch hast du deine Arbeit niedergelegt und mit einem Coach zusammengearbeitet. Wie verlief deine Vorbereitung?

Die Vorbereitung verlief sehr gut, es war die erste, die fast problemlos ablief. Es gab zwar ein paar Dinge, die nicht geklappt haben, aber das ist normal. Im Großen und Ganzen war es jedoch eine sehr gute Vorbereitung. Zum ersten Mal war ich ohne starke Schmerzen im Trainingscamp, das macht schon einen großen Unterschied. Besonders mental hat das viel ausgemacht, weil man nicht ausgebremst wird. Das war das Wichtigste für mich, gesund zu bleiben, und alles andere wird schon kommen. Ich glaube, dass ich boxerisch der stärkere Mann bin, deshalb mache ich mir auch keine Sorgen, aber er ist ein gefährlicher Gegner. Da muss man aufpassen und fokussiert bleiben.

Du hast ja selbst eine Trainerlizenz. Wie blickst du auf die deutschen Trainer?

Beim Amateurboxen habe ich eine Trainerlizenz gemacht und dort wird noch alles so beigebracht wie zu DDR-Zeiten. Wir hatten Bücher aus dieser Zeit, und da stellt sich die Frage, ob man sich nicht lieber etwas weiterentwickeln und neue Strategien erarbeiten will. Boxen verändert sich, wie andere Sportarten auch. Man muss mit der Zeit gehen. Das Problem ist, man bringt jedem auch das Gleiche bei. Das ist etwas, was mir aufgefallen ist. Alle bekommen immer das Gleiche beigebracht. Aber wir sind alle unterschiedlich, haben andere Stärken und Schwächen, und darauf sollte man aufbauen.

Meine Cleverness, die Beweglichkeit und mein Auge sind schon speziell

Mustapha Amadu.

Wie würdest du deinen Boxstil beschreiben? Was zeichnet dich aus?

Es zeichnet mich aus, dass ich einen offenen Boxstil habe. Dass ich sehr entspannt und clever boxe, das ist etwas, was mich unterscheidet. Das hat man selten in Deutschland, dass Leute mit einer tiefen Deckung auch boxen können. Es boxen hier eigentlich alle gleich, die Techniken werden immer gleich beigebracht. Meine Cleverness, meine Beweglichkeit und mein Auge sind schon speziell.

Mit Senad Gashi wartet ein renommierter Kontrahent am Freitag. Was ist der Schlüssel zum Sieg? 

Der Schlüssel zum Sieg ist die Konzentration. Ich habe vom letzten Kampf sehr viel lernen können. Es war das erste Mal, dass ich im Schwergewicht gekämpft habe, obwohl ich eigentlich aus dem Halbschwergewicht komme. Das macht schon sehr viel aus. Jeder Schlag kann die Lichter ausmachen. Deshalb ist die Konzentration sehr wichtig, dass man vom Anfang bis zum Ende sehr konzentriert bleibt. Das wird für mich persönlich entscheidend sein, die Konzentration auch wirklich zu behalten.

Ihr hattet nach dem ersten Kampf einige Differenzen. Wie groß ist die Antipathie zwischen euch wirklich?

Senad ist ein Mensch, mit dem ich im Privatleben nichts zu tun haben möchte, weil ich menschlich von ihm nichts halte. Seine Art ist, Menschen etwas Schlechtes zu wollen. Ich halte einfach menschlich nichts von dem, und das soll auch so bleiben. Nach dem Kampf ist die Beef-Geschichte für mich erledigt, aber ich möchte auch danach nichts mit ihm zu tun haben.

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Als Boxer ist es nicht meine Aufgabe, sympathisch zu sein

Bei der Pressekonferenz hast du deinen Kontrahenten mit Wasser begossen. Wie sehr bereust du es, damit potenzielle Sympathiewerte einzubüßen?

Ehrlich gesagt, ich bereue nichts – im Gegenteil, ich finde es super. Das ist genau das, was Deutschland fehlt. Hier will jeder der nette Junge sein, jeder will brav sein. Aber das ist Kampfsport. Wir haben eine andere Tradition als andere Sportarten, wie zum Beispiel Fußball. Schau dir die Pressekonferenzen in England oder den USA an, da geht es zur Sache. Die Leute sind so, wie sie sind. Im Kampfsport geht es darum, sich gegenseitig weh zu tun und zu verletzen, da muss man nicht freundlich sein. Nach dieser Aktion haben sich viele Leute beschwert, was auch verständlich ist. Aber seitdem sind die Ticketverkäufe auch stark gestiegen, das Interesse ebenfalls. Die Leute wollen das wirklich sehen, auch wenn sie sich darüber beschweren. Sie kaufen Tickets, weil genau das passiert ist, was passiert ist. Sie haben gemerkt, dass es ernst ist zwischen uns beiden. Als Boxer ist es nicht meine Aufgabe, sympathisch zu sein. Meine Aufgabe ist es, den Kampf zu führen und eine gute Show zu bieten.

Letzte Prognose zum Kampf. Was werden die Boxfans am Freitag in Rozvadov für einen Kampf erleben?

Es wird bestimmt ein sehr interessanter Kampf, vor allem, weil viel Spannung drin ist. Ich bin sehr gut vorbereitet, hoffentlich ist Senad das auch. Ich werde nichts unversucht lassen und alles tun, um diesen Kampf zu gewinnen. Und Senad wird sicherlich dasselbe tun. Der letzte Kampf war schon sehr gut für die Zuschauer, und ich denke, dass dieser Kampf noch besser wird, weil jetzt noch mehr Spannung drin ist.

Falls Senad gewinnen sollte, dann kann er das nur über einen Lucky Punch. Boxerisch bin ich auf jeden Fall überlegen, das ist ganz klar.

Senad Gashi und Mustapha Amadu.

Und wie geht der Kampf aus, gewinnst Du erneut über die Punkte?

Sowas ist immer schwer zu sagen. Beim letzten Mal habe ich nach Punkten glasklar gewonnen. Dieses Mal versuche ich, es rein sportlich vorzeitig zu beenden, aber ich setze mir keinen Druck, mit der Brechstange etwas zu erzwingen. Ich werde einfach boxen, so wie ich es gelernt habe. Entweder gewinne ich klar nach Punkten oder ich erziele einen KO-Sieg später im Kampf. Falls Senad gewinnen sollte, dann kann er das nur über einen Lucky Punch. Boxerisch bin ich auf jeden Fall überlegen, das ist ganz klar.

Was möchtest du abschließend den Lesern von Boxen1 sagen?

Ganz egal, was ihr von mir denkt, ich hoffe, dass ich euch am Freitag einen guten Kampf bieten kann. Einen Kampf, bei dem ihr sagt, okay, das ist Boxen. Das ist geil, das braucht Deutschland. Es würde mich freuen, wenn ich das so machen kann.

Tickets sind noch vorhanden – PPV auf Fighting.de

PPV zu Gashi vs. Amadu ll

Und wie kann man das Spektakel am Freitag verfolgen? Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen wird ein PPV-Livestream auf Fighting.de angeboten. Dieser kostet 11,95 € im Vorkauf, am Kampftag 14,95 €. Wer sich das Event ohnehin anschauen möchte, sollte es im Vorfeld erwerben und dadurch 3 € sparen.

Zugleich gibt es noch die Gelegenheit, sich die Kämpfe vor Ort im King’s Resort anzuschauen. Tickets gibt es ab 89 €. Das Event beginnt um 19 Uhr.



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