Broner muss früh im Kampf runter
Der Hauptkampf lautete im Weltergewicht Adrien Broner (35-5-1) gegen Blair Cobbs (17-1-1). Broner, ein ehemaliger Weltmeister in verschiedenen Gewichtsklassen, gehörte in der vergangenen Dekade zu den schillernden Persönlichkeiten im Boxen. Man musste ihn nicht mögen, aber er verstand es durchaus, im Mittelpunkt zu stehen und auch gewissermaßen Leistung zu zeigen. In den letzten Jahren blieb er zumeist inaktiv und landete irgendwann mit einem Geldkoffer bei Don King, der sich gerne mit dem ehemals großen Namen rühmen wollte. Im Grunde passte die Konstellation sehr gut, weil beide schon bessere und erfolgreichere Tage im Leben gesehen hatten. Broner musste verletzungsbedingt immer wieder Kämpfe absagen und konnte mit Don King keine fruchtbare Zusammenarbeit aufbauen. Im März wurde dann Blair Cobbs ebenfalls von Don King unter Vertrag genommen. Er ist ein charismatischer Typ, der auch schon als Kommentator positiv in Erscheinung trat. Nun standen sich beide Boxer gegenüber.
Cobbs galt bei den Buchmachern als leichter Favorit, weil er sicherlich auch die frischere Personalie war. Broner war in den letzten Jahren inaktiv geblieben und hatte seine letzten brauchbaren Siege vor acht Jahren feiern können. Entsprechend war man gespannt, wie er sich am Freitag präsentieren würde.
Im Kampf selbst war es jedoch Blair Cobbs, der das Kommando übernahm. Immer wieder entlud er seine Powerpunches und schlug schöne Hände zum Körper. Broner verharrte in der kompakten Doppeldeckung und schaute zunächst, was Cobbs so anbietet. Das war auch so einiges, denn in der zweiten Runde kam Cobbs schön durch und schlug Broner hart nieder! Dieser stand etwas angeklingelt wieder auf und musste harte Serien von Cobbs zum Körper nehmen, der den Sack zumachen wollte. Doch Broner bewies Nehmerqualitäten und keilte fleißig mit. Das erste krachende Highlight im Kampf wurde entsprechend geboten.
ADRIEN BRONER
GETS KNOCKED DOWN IN ROUND 2‼️‼️#Boxing #BronerCobbs
💥💥🥊🥊🥊— Danny (@dantheboxingman) June 8, 2024
Broner bleibt tapfer – verliert jedoch eindeutig
Auch nach dem Niederschlag war es überwiegend Cobbs, der gute Akzente setzte. Er zeigte sich schön beweglich und war der aktivere Mann. In der Mitte des Kampfes dominierte er auch über seine Führhand, die immer wieder durch die Deckung von Broner ging, wenn er Initiative ergreifen wollte. Broner kam nicht zur Entfaltung im Kampf und Cobbs hatte es schlichtweg völlig im Griff. Zwar hielt Broner die Ringmitte, doch klare Treffer resultierten daraus nicht, weil Cobbs auch verstand, ihn dauerhaft irgendwie zu beschäftigen. Dennoch konnte man Broner nicht den Kampfwillen absprechen, der zäh blieb und seine Chancen suchte, obgleich es überwiegend Einzelhände waren.
In Runde 9 baute Cobbs, der viel gearbeitet hatte und jede Runde bis dato gewann, konditionell etwas ab. Das führte dazu, dass Broner eine Handvoll guter Treffer landete und nun sozusagen das Momentum im Kampf hatte. Die Runden waren zwar dennoch eng, aber in dieser Phase konnte man Broner schon etwas vorne sehen. Auch die zehnte und letzte Runde gehörte eher dem Ex-Weltmeister, der nochmals anlief. Cobbs, dem Sieg schon sicher, ging viel in den Rückwärtsgang und gab auch die letzte Runde ab.
Dennoch war es eine sehr souveräne Leistung von Cobbs, der Broner am Boden hatte und den Großteil der Runden deutlich gewann. Das Urteil war dann hingegen überraschend eng ausfallend mit 2x 96-93 und 97-91, aber immerhin sahen die Punktrichter einstimmig Cobbs als Sieger. Damit hat sich dieser für weitere große Kämpfe empfohlen, bei Broner bleibt die weitere Zukunft ungewiss. Im Jahr 2024 ist er leistungstechnisch einfach nicht mehr überdurchschnittlich zu verorten.
Chaney liefert eine grauenvolle Performance
Im Co-Mainevent erfolgte der WBA-Goldtitelkampf zwischen Michael Hunter (23-1-2) und Cassius Chaney (23-2). Im Vorfeld war die Paarung kontrovers, weil sie als Interimsweltmeisterschaft angepriesen wurde, was niemals der Fall war. Kurzfristig gab die WBA dann bekannt, dass es sich hierbei zumindest um einen WBA-Gold-Titelkampf handeln würde. Eigentlich ist dieser Titel auf 12 Runden angesetzt, doch dieser Kampf war nur auf 10 Runden angesetzt, aus welchen Gründen auch immer. Mit Michael Hunter stand ein bekanntes Schwergewicht im Ring, das in den letzten Jahren leider seine Karriere hat versanden lassen und somit aus dem Blickwinkel geriet. Einst ein legitimer Top-10-Kandidat, fand er in den letzten Jahren kaum noch Beachtung, weil es auch am großen Promoter im Rücken mangelte. Chaney hingegen konnte zuletzt den ehemaligen regulären WBA-Titelträger Trevor Bryan (22-2) bewusstlos schlagen und hatte sozusagen eine positive Tendenz aufzuweisen, die Hunter keineswegs so hatte.
Davon war im Kampf selbst aber absolut nichts zu sehen. Chaney blieb sehr abwartend und ließ den beweglichen Hunter agieren. Immer wieder schlug Hunter schöne Jabs zum Körper und zeigte sich beweglich. Chaney schien auf die eine harte Hand abzuwarten, die aber konstant nicht erfolgte. In der ersten Runde gab es wohl nicht einen einzigen Treffer von Chaney, was sich in der zweiten Runde ebenfalls bestätigte. In der dritten Runde gab es dann tatsächlich mal etwas Zählbares, aber er hatte die Anfangsphase erschreckend eindeutig verloren. Wer glaubte, dass Chaney mit der Zeit forscher würde und seine Chance aktiv suchte, der irrte sich. Er begann sehr inaktiv und blieb konsequent so. Wenig überraschend also, dass die Kommentatoren schon darüber spekulierten, ob Chaney womöglich verletzt sei. Später kam noch die Theorie auf, dass er bewusst nichts anbietet, damit der Ringrichter den Kampf abbrechen muss.
the great heavyweight, Cassius Chaney.#BronerCobbs pic.twitter.com/EIEQgvAeTr
— Permante (@PermantexG) June 8, 2024
Hunter krönt sich zum WBA Goldtitelträger gegen einen Boxsack
Man musste sich schon fragen, was die Mission von Chaney war. Hunter erst einmal kommen lassen und dadurch die Luft rauben? Die große Schlussoffensive hinten heraus starten und das Comeback des Jahres präsentieren? Das wäre sicherlich guter Stoff für Hollywood und wir waren ja in Hollywood! Aber nichts da, Chaney bewies von der ersten bis zur letzten Sekunde absolut nichts. Leider gab es keine Punchstats, aber er wird in den ganzen 10 Runden vermutlich keine 20 Treffer gelandet haben. Es war eine erbärmliche Leistung von Chaney, der einen Titelkampf absolut nicht würdig war. Man kann natürlich unterlegen sein – ebenso kann man auch nicht in den Kampf finden und untergehen. Aber man muss es mit der Zeit etwas versuchen, und dieses Gefühl hatte man bei Chaney zu keiner Sekunde. Es schien so, als ob er ein Journeyman wäre, der nur über die Runden kommen möchte – und nicht die Nummer 7 der WBA, die sich zu einer Weltmeisterschaftsgelegenheit hocharbeiten möchte.
Vermutlich war das Matchup für Chaney auch etwas ungünstig. Hunter, der ja ursprünglich aus dem Cruisergewicht stammt, gehört zu den beweglicheren Schwergewichten. Chaney, ein sehr steifer und statischer Mann, benötigt ein statisches Ziel, um seine Schlagkraft passend anzuwenden. Eventuell wäre in einem Kampf mit Joe Joyce (16-2) mehr drin gewesen für Chaney, aber gegen Hunter sah er niemals Land. So gingen 10 maximal einseitige Runden zu Ende und Hunter kam aus dem Lächeln nicht mehr heraus. Vermutlich hätte er sich selbst niemals vorgestellt, dass das so einfach verlaufen würde. Mit dem Sieg hat sich jedenfalls Hunter wieder auf die Landkarte im Schwergewicht gesetzt und könnte in der kommenden Zeit wieder für große Kämpfe interessant sein.
Green und Barringer liefern sich einen intensiven und unterhaltsamen Kampf
Den besten Kampf des Abends gab es im Mittelgewicht zu sehen, wo Ian Green (19-2) einen kleineren WBA-Titel über 10 Runden gegen Roy Barringer (10-5) verteidigte. Green, der die aktuelle Nummer 5 des WBA-Rankings ist, gehört zu den Schützlingen von Don King und war der Favorit im Vorfeld. Barringer erwies sich jedoch als knifflige Aufgabe, die Green alles abverlangen sollte. Das bemerkte man schon in der ersten Runde, in der Green eigentlich alles im Griff zu haben schien und schöne Bodypunches sowie Uppercuts landete. Barringer beeindruckte dies jedoch nicht und konnte Green zum Ende der ersten Runde am Seil stellen und bearbeiten, wodurch dieser etwas beeindruckt erschien. In der zweiten Runde wurde Green dann vorsichtiger und Barringer war es, der Druck erzeugte und der aktivere Mann war. Zugleich schwoll das linke Auge von Green an, und er hatte auch schon einen Cut darum.
Das Auge wurde von Runde zu Runde immer mehr zu einem Problem, und in Runde 4 war es schon fast vollständig geschlossen. Erschwerend kam hinzu, dass Barringer sehr aktiv boxte und immer wieder harte Powerpunches ins Ziel brachte. Der Favorit hatte seine Mühen im Kampf, bewies jedoch Toughness und versuchte, mit ökonomisch klugem Boxen so zu agieren, dass er die Runden irgendwie gewinnt. Das gelang auch ganz gut, weil Green immer wieder gut durchkam. Wenn Barringer jedoch traf, wirkte Green teilweise etwas angeklingelt und musste den Clinch suchen. Es gab auch immer wieder Momente des harten Schlagabtausches, wodurch der Kampf nicht nur spannend zu verfolgen war, sondern zugleich auch actionreich und hart geführt wurde. Barringer war dem Sieg durchaus nahe, doch in den hinteren Runden ging ihm etwas die Kondition aus, wodurch Green die klareren Aktionen setzte und die Runden gewann. Das war ärgerlich für Barringer, weil er eigentlich in Teilen mehr vom Kampf hatte, aber Runde zu Runde betrachtet, konnte sich Green mit dem Auge irgendwie gewinnbringend über das Ziel retten.
Ein äußerst unterhaltsamer Kampf ging nach 10 harten Runden auf die Scorecards, wo sich Green einen einstimmigen Punktsieg mit 2x 96-94 und 97-93 zusprechen ließ. Er entgeht damit einem Upset und bleibt im WBA-Ranking relevant.
Antonio Perez gewinnt das Prospect-Duell
Zuvor fand im Leichtgewicht noch ein Duell zweier ungeschlagener Prospects statt, das im Vorfeld für Spannung sorgte. Gleich zwei kleinere WBC-Titel standen auf dem Spiel für Antonio Perez (10-0) und Antonio Williams (16-1-1). Beide jungen Männer hatten Amateurerfahrung vorzuweisen, obgleich Perez’ Amateurkarriere fundierter erschien. Entsprechend war er auch der leichte Favorit, dennoch durfte man Williams nicht unterschätzen, der ein Plus an Erfahrung im Profibereich hatte.
Der Kampf begann ziemlich unspektakulär. Williams hielt die Ringmitte, während sich Perez gut bewegte und seinen Jab einsetzte. Es zeigte sich, dass beide Männer durchaus Respekt voreinander hatten und sich erst einmal beschnupperten. Williams agierte im Vorwärtsgang zu zögerlich und abwartend, wodurch Perez mit seinem Jab ausreichend aktiv agierte, um die Anfangsphase für sich zu entscheiden, ohne viel zu riskieren. Ab der vierten Runde erhöhte Williams den Druck, doch Perez bewies im Rückwärtsgang wirklich gute Qualitäten. Seine Beweglichkeit, gepaart mit dem Auge für das richtige Timing im Kontern, war effektiv und stark. Insgesamt wirkte er technisch feiner und auch schneller als Williams. Leider war sein Boxen im Rückwärtsgang nicht sonderlich mitreißend für die Zuschauer. Er setzte zwar seinen Gameplan smart um und dominierte einen guten Gegner dadurch, aber eine große Fanbase generiert man mit solch einer Performance nicht unbedingt. In Runde 9 gelang ihm jedoch eine schöne und harte Aktion, bei der Williams zu Boden musste, doch die Runde war kurz darauf zu Ende.
Insgesamt war es eine starke Leistung von Perez, der das Punkturteil einstimmig mit 3x 99-90 erhielt. Damit hat er bewiesen, dass er ein ernstzunehmendes Prospect ist, welches in der Zukunft sicherlich noch seine größeren Gelegenheiten erhalten wird.
Deutsches Schwergewicht war nicht Bestandteil des PPV
Insgesamt waren 13 Kämpfe im Vorfeld angegeben, doch nicht einmal die Hälfte wurde im PPV auf Triller übertragen. Das lag wohl auch daran, dass neben Don King noch eine weitere Promotion (The Heavyweight Factory) aktiv war. Leider wurden ausschließlich die Don King-Kämpfe präsentiert, die anderen Paarungen hingegen nicht. Das war durchaus schade, denn das deutsche Schwergewicht Christian Thun (9-1) stand eigentlich auf der Card. Ebenfalls der Ex-Weltmeister im Cruisergewicht, Yuniel Dorticos (26-2), und weitere spannende kubanische Boxer.
Die beschriebenen Kämpfe sind im 20 $ PPV auf Triller verfügbar.